Wasserstoff-Infrastruktur Sonneberg
Übersicht
» Dezentrale Wasserstoffherstellung
» Marktfähige Wasserstofftankstelle
» Optimierter Klärprozess
» Veröffentlichungen
» Verbundprojekt H2 Well
» Verbund localhy
Sonneberg ist Standort mit einer engen Vernetzung mit Wasserstoffinitiativen in der Metropolregion Mitteldeutschland und er ist Mitglied der Europäischen Metropolregion Nürnberg. Somit besitzt Sonneberg eine „Scharnierfunktion“ zu den bedeutenden Wirtschaftsräumen zwischen Main und Elbe.
Dezentrale Wasserstoffherstellung zu marktfähigen Preisen
Kumatec-Hochdruckelektrolyseur
Bei der Erzeugung von Wasserstoff durch die Wasserelektrolyse wird Wasser in seine Bestandteile Wasserstoff (H2) und Sauerstoff (O2) zerlegt. Der dazu notwendige Strom wird regenerativ und klimafreundlich erzeugt. Waren solche Anlagen bislang schon allein wegen der Einzelanfertigung kostenintensiv, wurde in Sonneberg ein seriell herstellbarer Elektrolyseur entwickelt, welcher in einem Container montiert wird. Diese Anlage löst auch ein grundsätzliches Problem bisheriger Anlagen: die Verdichtung des Wasserstoffs. Für die Wasserstoffspeicherung ist ein Druck bis zu 700 bar notwendig, denn wenn der Wasserstoff erst später verdichtet wird, verschlechtert sich die Energiebilanz des Systems.
Der Hochdruckelektrolyseur der Kumatec Sondermaschinenbau & Kunststoffverarbeitung GmbH aus Neuhaus-Schierschnitz löst bisherige technische Probleme und realisiert Drücke von bis zu 100 bar. Weitere Besonderheiten des Systems, wie spezielle Beschichtungen des Plus- und Minuspols sowie die Kombination von eigenen Systembestandteilen (wie Füllstandsmesssysteme und Servoventiltechnik) ermöglichen eine wirtschaftliche Serienproduktion zu marktfähigen Preisen. Mit diesem Elektrolyseur wird die erste Wasserstofftankstelle Thüringens betrieben, die natürlich in Sonneberg steht. Diese Innovation „Kumatec-Hochdruckelektrolyseur“ erhielt bereits 2016 den „IQ Innovationspreis Mitteldeutschland “.

©Bauhaus-Universität Weimar, www.localhy.de
Ende 2019 führte der Deutsche Verein Gas- und Wasserfaches e. V. (DVGW) die Power-to-Gas-Anlage zur Wasserstofferzeugung in Sonneberg-Heubisch als einige Erzeugeranlage in Thüringen auf. Sie wird als Forschungsanlage betrieben.
Marktfähige Wasserstoff-Tankstelle
Wasserstofftankstelle Sonneberg-Heubisch
Ein unschlagbarer Vorteil gegenüber der Elektromobilität ist die kurze Betankungszeit: nach fünf Minuten Betankung kann ein Wasserstoff-Kraftwagen bis zu 800 Kilometer weit fahren. In Sonneberg wurde eine marktfähige Wasserstoff-Tankstelle mit On-Site-Elektrolyse für die Betankung von Elektrofahrzeugen mit Brennstoffzellenantrieb entwickelt. Die Tankstelle wird ergänzt durch einen Kreislaufmotor mit Generator, der mit dem gespeicherten Wasserstoff (H2) und Sauerstoff (O2) angetrieben wird. So kann bei Bedarf Strom ins Netz eingespeist werden. Folglich bietet die H2-Tankstelle eine klassische Energiespeicherlösung für fluktuierende regenerative Energien an. Derzeit fahren im Landkreis Sonneberg drei Wasserstoff-Brennstoffzellenfahrzeuge mit dem localhy-Wasserstoff (Stand: Jahresbeginn 2020). Sie waren die ersten Fahrzeuge ihrer Art in ganz Mitteldeutschland.
Ein wichtiger Vorteil der Wasserstoff-Mobilität: Bei einer Umstellung auf Brennstoffzellenfahrzeuge ändert sich für den Fahrer oder den Flottenbetreiber lediglich die Treibstoffart. Der Ablauf des Tankvorgangs bleibt identisch, und auch die kurze Tankdauer. Besondere Ladesäulen oder Ladekabel, wie bei der E-Mobilität, sind nicht erforderlich.

©Bauhaus-Universität Weimar, www.localhy.de
Optimierter Klärprozess mit reinem Sauerstoff
Kläranlage Sonneberg-Heubisch
„Wir verwenden 80 Prozent unserer Energie darauf, um die Bakterien im Klärprozess mit Sauerstoff zu versorgen. Das Projekt, bei dem Sauerstoff als Abfallprodukt entsteht, begeisterte sofort“, zieht Bernd Hubner, Vorstand des Wasserversorgungs- und Abwasserzweckverbandes Sonneberg, Bilanz.
In der Versuchskläranlage wird anstelle von normaler Luft ein Abfallprodukt der Elektrolyse genutzt: Sauerstoff (O2). Dadurch wird der Wirkungsgrad der Klaranlage erhöht und der Energiebedarf gesenkt.
Die Leistungssteigerung von Kläranlagen besitzt einen sehr aktuellen Aspekt, denn die Leistungsfähigkeit von Kläranlagen steht immer in einer gesunden Beziehung zur Einwohnerzahl des Versorgungsgebietes. Wenn die Einwohnerzahl steigt, muss demzufolge auch die Kapazität der Kläranlage vergrößert werden – mitunter ein kostspieliges Unterfangen. Gerade in Zeiten, den denen die Einwohnerzahlen großer Städte rasant steigen. Zudem kommt der Aspekt, dass immer dann, wenn eine Kläranlage auf einer Insel gebaut wurde – wie in der Hansestadt Hamburg – die bauliche Erweiterung zum doppelten Kraftakt wird. Folglich besteht die wirtschaftliche Lösung in einer Optimierung der bestehenden Anlage, indem bei der Nachklärung reiner Sauerstoff eingesetzt wird, anstelle des Sauerstoffs der Luft, der mit weiteren Gasen vermischt ist.
Bereits im Sommer 2016 wurde die Versuchskläranlage in Sonneberg-Heubisch in Betrieb genommen. Hier wird die neue O2-Technologie im Alltag einer Kläranlage untersucht. Die Ergebnisse werden für eine serielle Nutzung, auch in höher dimensionierten Anlagen, aufbereitet.
Veröffentlichungen
Veröffentlichung in der Fachzeitschrift „gfw Gas+Energie“, Sonderdruck 06/2019
Autoren: Prof. Mark F. Jentsch und Sebastian Büttner
Gemeinsam und überregional für eine Wasserstoffwirtschaft
Verbundprojekt H2-Well – ein WIR-Projekt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF)
Im Rahmen des Forschungsbündnisses H2-Well sollen die Regionen um Sonneberg und Apolda zu Modellregionen der Wasserstoffanwendung entwickelt werden. Hier sollen verstärkt technische Demonstrationsprojekte durchgeführt, erforscht und für eine serielle Nutzung aufbereitet werden. Das einzige Demonstrationsvorhaben dieser Art in Sonneberg-Heubisch befand sind Ende 2019 auf dem Gelände der Kläranlage. Zum Umfang gehören eine alkalische Elektrolyseeinheit zur Wasserstoffherstellung, eine Wasserstofftankstelle, ein Wasserstoff-Sauerstoff-Kreislaufmotor und eine Versuchskläranlage zur Nutzung des bei der Elektrolyse hergestellten reinen Sauerstoffs.
Das Verbundprojekt vereint Wasserstoff-Akteure im Großraum Thüringen. Die Strategie, zwischen Main und Elbe bis 2025 eine regionale, grüne Wasserstoffwirtschaft umzusetzen, wird seit dem 20. März 2019 durch eine Bundesförderung unterstützt. In den folgenden Monaten begann das Bündnis damit, einen Bündnis-Hub einzusetzen und mit ersten Informationsangeboten an die Öffentlichkeit zu geben. Ab Ende 2019 / Anfang 2020 begannen erste Forschungs- und Entwicklungsprojekte mit dem Ziel, Elemente der Wasserstoffwirtschaft in Sonneberg und Apolda umzusetzen und der Öffentlichkeit zu präsentieren.
So wird untersucht, welche Synergieeffekte eintreten, wenn mehrere Wasserstoff-Geschäftsmodelle in einer Region umgesetzt werden. Wie wirkt sich dies auf die Kosten der Wasserstoff-Herstellung aus? Welche Geschäftsmodelle können sinnvoll miteinander kombiniert werden? Und welche Konzepte für unsere Mobilität liegen mit einer Wasserstoffnutzung auf der Hand?
Das Verbundprojekt soll im Rahmen eines „WIR-Projektes“ (Wandel durch Innovation in der Region) untersuchen, was passiert, wenn Wasserstoff in einer Region eine größere Rolle spielt – für den Taxifahrer, den Busfahrer und den Zugführer. Oder den Tankstellenpächter. Und den Unternehmer, wenn beispielsweise in der Schwerindustrie anstelle von Dieselantrieben umweltfreundliche Wasserstoffantriebe zum Einsatz kommen.
Hinsichtlich der Wasserstofftechnologie werden die Infrastrukturbereiche Elektrizitätswirtschaft, Mobilität, Wärmeversorgung und Abwasserbehandlung in der Initiative H2-Well zusammengeführt. Ein Ziel besteht darin, weltweit erstmalig zwischen Main und Elbe die Wasserstoffwirtschaft in dezentralen Strukturen umzusetzen. Dies umfasst die grüne Wasserstofferzeugung aus lokalen erneuerbaren Energien, die Wasserstoffspeicherung, die Nutzung für Fahrzeugantriebe, die Stabilisierung des Elektrizitätsnetzes mit Wasserstofflösungen sowie Anwendungen zur Gebäudeheizung. Ergänzt wird dies um die Nutzung des bei der Wasserstofferzeugung entstehenden Sauerstoffs zum Beispiel für Anwendungen in der Abwasserreinigung.
Der Zuschlag für die Präsentation des Sonneberger Konzeptes vor einer Jury im Haus der Bundespressekonferenz in Berlin folgte am 20. März 2019: das Sonneberger H2-Innovationskonzept wurde vom BMBF zur Förderung ausgewählt. Die Präsentation erfolgte durch (v.l.) Dr. Joachim Löffler (AVX/Kumatec GmbH & Co. KG), Dr. Christian Reiser (WTZ Roßlau GgmbH), Dr. Sabine Schmidt (SolarInput e.V.), Prof. Dr. Mark Jentsch (Bauhaus-Universität Weimar) und Dr. Heiko Voigt (Bürgermeister der Stadt Sonneberg).
Hier geht’s zur Projekt-Website: https://www.h2well.de
Verbund localhy
Sonneberger Kooperation der H2-Akteure
Damit Wasserstoff als Energieträger für die Zukunft für den Menschen genutzt werden kann, bedarf es praxisorientierter Lösungen, die entwickelt und erprobt werden müssen. Um Wasserstoff dezentral zu erzeugen und zu nutzen, gründete sich der Verbund „Localhy“ mit Akteuren aus Wirtschaft, Wissenschaft und Kommune in Sonneberg.
Aus regenerativ erzeugter Energie und ohne Verbrennung von fossilen Rohstoffen soll aus Wasser ein Kraftstoff erzeugt werden, welcher den Verkehr nahezu schadstofffrei und geräuschlos werden lässt. Die Städte sollen sauberer und stressfreier werden, weil die Feinstaub- und Stickoxidbelastung sowie die Geräuschentwicklung minimiert werden. Dabei ändert sich der Prozess der Fahrzeugbetankung nur unmerklich: Die Betankungszeit bleibt, jedoch wird komprimierter Wasserstoff in das Fahrzeug gepumpt.
Außerdem kann mit Wasserstoff das Elektrizitätsnetz stabilisiert werden. Der bei der Wasserstoffherstellung anfallende Sauerstoff kann genutzt werden, um Kläranlagen effizienter zu betreiben. Selbst die Heizung in unseren Häusern kann perspektivisch mit Wasserstoff betrieben werden. Denn weniger Emission bedeutet auch eine spürbare Reduzierung des Treibhauseffektes. Folglich ist Wasserstoff eine gute Idee für unsere Umwelt und unseren Energieverbrauch.
Hier geht’s zur Projekt-Website https://www.localhy.de