Nachgefragt: Welche Potentiale hat die Wasserstoffwirtschaft?

„Das Interesse von Unternehmen an neuen Wasserstofftechnologien ist beeindruckend“

Als Spezialist für industrielle Wasserstoffanwendungen und Sektorenkopplung bei HySON, erklärt Peter Steinmüller das Bündnisprojekt GEATH2.

Peter Steinmüller - Mitarbeiter für GREATH2

Peter Steinmüller (Wissenschaftlicher Mitarbeiter)

Was sind die Ziele des Forschungsprojekts „GREATH2“?

Gefördert durch das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz (TMUEN) untersucht das Projekt GREATH2 Erzeugungs- und Anwendungspotentiale von grünem Wasserstoff in Thüringen. Der Fokus liegt dabei auf Hochtemperaturprozessen wie Schmelz-, Brenn- und Sinterprozesse, welche in den meisten Fällen nicht oder nur schwer dekarbonisiert werden können. Dabei sollen Demonstrationsprojekte erarbeitet werden, in denen die lokale Erzeugung und Nutzung von grünem Wasserstoff kombiniert werden. Solche Demonstrationsprojekte können Keimzellen der Wasserstoffwirtschaft bilden, aus denen sich eine dekarbonisiert Industrie in der Region entwickelt.

Welche Verwendungsmöglichkeiten hat Wasserstoff in der industriellen Nutzung?

In chemischen Prozessen wird Wasserstoff schon heute industriell eingesetzt, wobei jedoch häufig grauer Wasserstoff aus Erdgas verwendet wird. Besonders die betrachteten Hochtemperaturprozesse werden in den meisten Fällen aktuell mit fossilen Energieträgern wie z.B. Erdgas befeuert. Durch eine Umgestaltung auf eine Nutzung von grünem Wasserstoff werden diese Prozesse treibhausgasneutral.

 Welche Bedeutung hat dabei der grüne Wasserstoff für Unternehmen?

Der Einsatz von grünem Wasserstoff hat für Unternehmen mehrere Vorteile. Ein großer Faktor ist die Klimaneutralität des Wasserstoffes, welche eine Dekarbonisierung der Produktion ermöglichen kann. Darüber hinaus kann, bei lokaler Erzeugung, die Abhängigkeit von äußeren Einflussfaktoren, wie bspw. Energiepreisen, verringert werden.

Inwieweit profitierten auch die Region und die Gesellschaft von den Forschungsergebnissen?

Für die Regionen in Thüringen bietet sich die Möglichkeit vom Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft zu profitieren, indem neue Technologien vor Ort entwickelt und produziert werden. Damit wird eine Wasserstoffvertriebs- und infrastruktur aufgebaut, welche weitere Industrie sowie auch Privatpersonen von Nutzen sein kann. Auch die Erzeugung des Wasserstoffs sorgt für eine Wertschöpfung, welche in der Region bleibt und so für eine Sicherung des Unternehmensstandorten und somit auch von Arbeitsplätzen sorgt.

Weshalb finden solche Wasserstoffkonzepte bisher kaum Anwendung?

Bis vor wenigen Monaten waren Energieträger wie Erdgas deutlich günstiger als grüner Wasserstoff. Die Mehrkosten verhinderten eine Umstellung auf grünen Wasserstoff, da Produktionen und Produkte nicht konkurrenzfähig wären. Im Zuge der aktuell stark angestiegenen Erdgaspreise und durch die globale, Energiepolitische Krise auftretenden, möglichen Engpässe in der Erdgasversorgung, stellt grüner Wasserstoff, auch ohne die klimatische Bedeutung, schon jetzt eine attraktive Alternative dar. Die bisher fehlenden Anwendungen für Wasserstoff werden nun auch an einem erhöhten Forschungsbedarf sichtbar. Das Projekt GREATH2 möchte auch diesen Forschungsbedarf aufzeigen und zukünftige Entwicklung in diesem Bereich anstoßen.

Welche Rolle spielt HySON im Kooperationsprojekt GREATH2 gemeinsam mit ThEEN?

Die Hauptaufgabe des HySON ist die Bearbeitung von Anwendungsfällen von grünem Wasserstoff, während das ThEEN die Erzeugung innerhalb von Thüringen untersucht. Trotz dieser Aufgabenzuordnung erfolgt ein reger Austausch und gemeinsames Bearbeiten relevanter Fragen. Für die Umsetzung der Demonstrationsprojekte sind beide Institute eingebunden und arbeiten eng zusammen.

Wo liegen Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen bei der Umsetzung von Demonstrationsprojekten?

Zu Beginn lagen die Bedenken darin, welche Unternehmen bereit sein werden, sich auf das Experiment Wasserstoff einzulassen. Durch die aktuelle Situation auf dem Energiemarkt ist diese Bereitschaft jedoch überragend groß und das Interesse von Unternehmen an neuen Technologien beeindruckend. Die größte Herausforderung wird die Technologie sein, welche teilweise erst entwickelt oder getestet werden müssen. In manchen Fällen existieren zwar Lösungen mit einer Wasserstoffbeimischung, Anwendungen welche 100 Prozent Wasserstoff nutzen sind jedoch kaum vorhanden. Beispielsweise gilt es geeignete Ofentechnologien und deren Einfluss auf das Produkt zu erforschen.

Was werden nun die nächsten Schritte in der Projektbearbeitung sein?

Aktuell nehmen das ThEEN und das HySON Kontakt mit potenziellen Unternehmen und Anlagenbetreibern auf. Durch diese Kontakte werden mögliche Demonstrationsprojekte erarbeitet, wovon die ersten bereits in der Diskussion sind.

Die Erarbeitung der Demonstrationsprojekte möchte GREAT H2 zeigen, wie eine lokale Wasserstoffwirtschaft funktionieren kann. Diese Leuchtturmprojekte sollen das Potential von Thüringen zeigen und als Keimzelle fungieren, um weitere Wasserstoffprojekte zu ermöglichen.

 

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